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M&A-Transaktionen unter der Foreign Subsidies Regulation

Die EU Foreign Subsidies Regulation (FSR) sieht vor, dass bestimmte M&A-Transaktionen vor dem Vollzug bei der Europäischen Kommission (Kommission) angemeldet und von dieser freigegeben werden müssen. Die kumulativen Voraussetzungen für die Anmeldepflicht sind wie folgt: 

  • Die M&A-Transaktion führt zu dem Erwerb von alleiniger oder gemeinsamer Kontrolle über ein anderes Unternehmen oder der Gründung eines sog. Vollfunktions-Gemeinschaftsunternehmens (der Erwerb einer nichtkontrollierenden Minderheitsbeteiligung ist damit nicht erfasst).
  • Das Zielunternehmen oder das Vollfunktions-Gemeinschaftsunternehmen sind in der EU niedergelassen (wichtig: hierfür reicht bereits eine Betriebsstätte in der EU aus) und erzielen einen Umsatz in der EU von mindestens EUR 500 Mio.
  • Die Erwerber und das Zielunternehmen oder das Vollfunktions-Gemeinschaftsunternehmen haben in den vergangenen drei Jahren aggregiert drittstaatliche Zuwendungen in Höhe von mindestens EUR 50 Mio. erhalten.

Die Kommission kann außerdem Anmeldungen (mit korrespondierendem Vollzugsverbot) auch ohne Überschreiten der Schwellenwerte verlangen, wenn sie eine Transaktion aufgrund drittstaatlicher Subventionen für möglicherweise wettbewerbsverzerrend hält. Einzige Voraussetzung hierfür ist die Vermutung der Kommission, dass in den letzten drei Jahren relevante drittstaatliche Subventionen geflossen sind.

Neues M&A-relevantes Freigabeverfahren – auch für Unternehmen aus der EU

Die FSR führt ein neues regulatorisches Freigabeverfahren ein, das in der M&A-Transaktionsplanung neben den bereits bekannten Instrumenten der Fusionskontrolle und der Investitionskontrolle zu berücksichtigen ist. Dabei hängt die Frage der Anmeldepflicht bzw. der Anwendbarkeit der FSR nicht davon ab, ob der Erwerber außerhalb der EU seinen Sitz hat – die Anmeldepflicht kann in der EU beheimatete Unternehmen ebenso treffen wie Unternehmen aus Drittstaaten, entscheidend sind allein die oben dargestellten Kriterien.

Drittstaatliche Zuwendungen und drittstaatliche Subventionen

Der Begriff der drittstaatlichen Zuwendung, der für die Frage der Anmeldepflicht zentral ist, ist nicht deckungsgleich mit dem Begriff der drittstaatlichen Subvention. Die drittstaatliche Zuwendung ist wesentlich weiter und erfasst der Sache nach jede einem Drittstaat zurechenbare Maßnahme, die einen Geldwert hat oder der ein solcher zugemessen werden kann. Es spielt hierbei keine Rolle, ob die Maßnahme (bspw. die Zahlung durch eine drittstaatliche Behörde für eine Leistung oder eine Ware) zu marktkonformen Konditionen erfolgte oder nicht. Die Frage der Marktkonformität spielt erst eine Rolle bei der drittstaatlichen Subvention.

Verfahren wie in der EU-Fusionskontrolle

Das Prüfverfahren der Kommission entspricht mit Blick auf die Verfahrensfristen demjenigen der EU-Fusionskontrolle, die ggfs. parallel anwendbar sein kann. Die Kommission prüft in einer ersten Phase von 25 Arbeitstagen, ob sie in die vertiefte Prüfung einsteigen möchte, die dann wiederum grundsätzlich weitere 90 Arbeitstage in Anspruch nehmen kann. Der Anmeldung vorgeschaltet ist das inoffzielle Pränotifikationsverfahren, in dem die Parteien mit der Kommission den Inhalt der Anmeldung und deren etwaigen spezifischen Fragebedarf abklären. 

Wie in der EU-Fusionskontrolle unterliegen anmelde- und freigabepflichtige M&A-Transaktionen einem strengen Vollzugsverbot. Ein Verstoß hiergegen kann mit einer Geldbuße von bis zu 10% des weltweiten Gesamtumsatzes sanktioniert werden.

Materieller Prüfungsmaßstab

Die Kommission prüft inhaltlich, ob eine drittstaatliche Subvention geeignet ist, die Wettbewerbsposition eines Unternehmens innerhalb der EU zu verbessern und daher die Gefahr besteht, dass eine drittstaatliche Subvention den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt beeinträchtigt. Als zu berücksichtigende Indikatoren nennt die FSR u.a. die Art und Höhe der drittstaatlichen Subvention, die Situation des empfangenden Unternehmens und den Umfang von dessen Tätigkeit in der EU sowie den Zweck der drittstaatlichen Subvention und deren Voraussetzungen. Eine Verzerrung des Wettbewerbs in der EU soll wahrscheinlich vorliegen, wenn eine drittstaatliche Subvention einen Zusammenschluss „unmittelbar erleichtert“. Im Zusammenspiel mit Art. 19 FSR, der klarstellt, dass die materielle Prüfung auf den konkret angemeldeten Zusammenschluss beschränkt ist, ergibt sich ein streng zusammenschlussbezogener Blickwinkel. Es ist daher davon auszugehen, dass – wie in der EU-Fusionskontrolle – die weit überwiegende Anzahl an Anmeldungen Transaktionen betreffen wird, die keinerlei materielle Probleme aufwerfen.

Ausblick

Die Kommission hat selbst verlautbart, dass sie erst Erfahrungswerte in der Anwendung der FSR sammeln muss, sie also auch selbst Neuland betritt. Insofern wird das Jahr 2024 zu ersten wertvollen Einblicken in die sich entwickelnde Anwendungspraxis führen. Diese praktischen Erfahrungen werden in die Leitlinien der Kommission einfließen, die laut FSR spätestens am 12. Januar 2026 vorliegen müssen und u.a. Aussagen zu der Durchführung der materiellen Prüfung und zu den Kriterien enthalten sollen, die dafür relevant sind, ob die Kommission für eine M&A-Transaktion eine Anmeldung verlangt, obwohl die Schwellenwerte nicht überschritten sind.

Autoren

Dr. Björn Herbers, M.B.L.
Partner
Rechtsanwalt
Brüssel - EU Law Office
Richard Mitterhuber
Richard Mitterhuber
Partner
Rechtsanwalt | Leiter Corporate/M&A, CMS Deutschland
München
Christoff Henrik Soltau
Christoff Henrik Soltau, LL.M. (King's College London)
Partner
Rechtsanwalt
Hamburg
06/12/2023
2024 - Themen, die Sie bewegen werden
Das Jahr 2023 hat die Welt in besonderem Maße bewegt. Die Zunahme regionaler Krisen und Kriege sowie eine instabile wirtschaftliche Lage haben uns allen viel abverlangt. In diesen herausfordernden Zeiten gilt es besonders, vorausschauend zu handeln und den Realitäten mit Augenmaß zu begegnen, um sich auch im Jahr 2024 erfolgreich behaupten zu können. Besonders hervorzuheben ist hierbei die zukünftige Ausrichtung unseres Handelns. Künstliche Intelligenz ist mittlerweile allgegenwärtig und stellt uns vor die Frage nach einem adäquaten und un­ter­neh­mer­freund­li­chen Rechtsrahmen. In Zeiten geopolitischer Spannungen wird Cybersicherheit mehr denn je essenzieller Bestandteil jeder Un­ter­neh­mens­stra­te­gie bleiben müssen, Datenschutz und ver­ant­wor­tungs­be­wuss­te Tech­no­lo­gie­nut­zung sind Schlüs­sel­fak­to­ren für geschäftlichen Erfolg. Themen wie die Umsetzung der globalen Min­dest­be­steue­rung in Deutschland und die Beschleunigung von Ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren bei In­fra­struk­tur­pro­jek­ten werden Unternehmen auch im kommenden Jahr weiter be­schäf­ti­gen. Die­se Her­aus­for­de­run­gen sind zweifellos anspruchsvoll, bergen jedoch auch erhebliches Potenzial. Mut machen die Prognosen der Wirt­schafts­for­schen­den. So rechnet das DIW für das kommende Jahr wieder mit einem leichten Wirt­schafts­wachs­tum von 1,2 Prozent. Zeit also, verlorene Zuversicht wieder zu­rück­zu­ge­win­nen. Gerade in Zeiten globaler Her­aus­for­de­run­gen ist es von entscheidender Bedeutung, nicht nur wirtschaftliche Verantwortung zu tragen, sondern auch aktiv dazu beizutragen, den ge­sell­schaft­li­chen Zusammenhalt zu stärken und die Demokratie zu verteidigen. Gemeinsam spielen wir eine bedeutende Rolle als Sta­bi­li­täts­fak­to­ren in der Gesellschaft, indem wir soziale Verantwortung übernehmen und uns für eine gerechte und inklusive Entwicklung sowie den Schutz demokratischer Werte einsetzen. Zeit also, die Weichen zu stellen. Mit Mut und un­ter­neh­me­ri­scher Weitsicht. Im Jahr 2024 stehen wir Ihnen selbst­ver­ständ­lich mit unserer breiten Expertise zur Seite, um Sie aktiv bei der Bewältigung dieser umfassenden Her­aus­for­de­run­gen zu unterstützen. Einen Überblick über die wichtigsten Themen des kommenden Jahres haben wir wie gewohnt für Sie zu­sam­men­ge­stellt. Wir freuen uns darauf, gemeinsam mit Ihnen die Chancen und Her­aus­for­de­run­gen anzugehen, und danken Ihnen einmal mehr für die erfolgreiche Zusammenarbeit. Gemeinsam können wir viel erreichen – wirtschaftlich, rechtlich und ge­sell­schaft­lich. 

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